Mit einer brachialen Aktion plant die Bahn die Rodung des Schlossgartens. Angesichts eines Heeres von 9000 Polizisten kann man es auch Eroberung nennen. Der allergrößte Teil der Parkbäume soll gefällt werden, schnell voranschreitend von mehreren Ausgangspunkten, um im Kernbereich einen 1,8 Meter hohen, geschlossenen Bauzaun zu errichten. Erst danach wird man sich um einen kleinen Teil zu verpflanzender Bäume "kümmern".
Um eine Berücksichtigung des Artenschutzes vorzutäuschen, soll gleich zu Beginn der Bereich eingezäunt werden, in dem die Bäume mit Juchtenkäfern stehen, ebenfalls 1,8 Meter hoch. Zwei Bäume werden zunächst mit einem Bauschutzzaun gesichert, solange sich noch Fledermäuse in ihnen aufhalten. Die Logik dieser Vorgehensweise orientiert sich nicht am Erhalt von Parkbäumen, sondern am Ausschließen von Protest, denn Fällen im Randbereich geht deutlich schneller, als Verpflanzungsarbeiten.
186 Parkbäume und Großsträucher werden gefällt. Davon wären nach der Richtlinie "Großbaumverpflanzung" 27 Bäume mit Rundspatenmaschinen verpflanzbar.
Bei einer angemessenen Anwendung der Plattformtechnik könnte die Zahl der verpflanzbaren Bäume deutlich erhöht werden. Allein der Zeitdruck der Bahn, hier vollendete Tatsachen schaffen zu wollen, verhindert einen Erhalt der Bäume.
Der Erhalt der gesunden Parkbäume ist Teil der vertraglichen Verpflichtung, die die Bahn im Rahmen der Schlichtungsveranstaltung eingegangen ist.
Auf dem "Dialogforum von Experten", wie es inzwischen genannt wird, wurde viel über Plattformtechnik zur Verpflanzung geredet. Nichts ist davon geblieben. Es wird gefällt, wie es nach der Ausschreibung auch zu erwarten war.
62 Bäume sollen mit Rundspatenmaschinen verpflanzt werden. Davon sind 42 Bäume dicker, als nach der Richtlinie "Großbaumverpflanzung" vorzusehen. Es wird bis zu einem Stammumfang von 220cm gearbeitet, der Richtlinie entsprechend wären 94cm, also 30cm Durchmesser, angemessen.
Für einen großen Teil dieser Auswahl sah selbst der Sachverständige der Bahn, Herr Siegert, keine Chancen zur Verpflanzung, bzw. nur dann, wenn Plattformen eingesetzt würden. Das interessiert die unter Zeitdruck stehenden Projektbetreiber nicht.
Der Zeit und Geld sparende Einsatz der Rundspatenmaschinen wurde hier auch gewählt, um die Bäume auf der Maschine schnell abtransportieren zu können.
Es wird auf eine Vorbereitung der Wurzelballen der lange eingewachsenen Bäume verzichtet. Bei den Stammdurchmessern und daraus zu schließender Größe des Feinwurzelsystems wäre diese Vorbereitung erforderlich, wenn man denn von einem die Bäume erhaltenden Verfahren reden will. Würde mit Plattformen ausreichender Größe gearbeitet, dann wäre auch eine mehrjährige Vorbereitung unter Umständen verzichtbar.
Diese Verpflanzung ist also nur als kosmetische Begleitmaßnahme der Rodung anzusehen.
Die Bahn will den Bereich jetzt und unwiederbringlich zerstören, weil offenbar die politischen Rahmenbedingungen derzeit günstig sind. Wegen des Baustopps beim Grundwassermanagement und der anhängigen Klage zur Verdoppelung der abzupumpenden Grundwassermenge, ist das Ausheben einer Baugrube weder möglich, noch absehbar.
Vier Bäume sollen erhalten bleiben, die im Bereich des Biergartens stehen. Diese waren tatsächlich, zumindest zur Zeit der Begutachtung von Herrn Siegert, zur Fällung vorgesehen. Zum Artenschutz als Begründung zum Erhalt einiger Bäume kommt also auch der Biergarten-Besucher-Schutz.
28 Bäume in der Baumfällliste sind (wörtlich) "zurückgestellt".
Davon zwei zur Beobachtung von Fledermäusen mit einem Monitoring. Die stehen in jedem Fall den, fortschreitenden, Bauarbeiten im Weg.
Der Rest wird als Juchten-Habitat bezeichnet. Direkt daran wird eine Baustraße entlang geführt. Im südöstlichen Teil ist von weiteren Zerstörungen auszugehen, wenn der Nesenbachdüker, für den sich bisher kein Bauunternehmen hat finden lassen, einst gebaut werden sollte. Das bedeutet, dass diese "zurückgestellten" Bäume eben dann später gefällt werden.
Die massive Absenkung des Grundwassers zur Trockenlegung der direkt nebenan liegenden Baugrube, wird die restlichen Bäume so schwer schädigen, dass deren Absterben absehbar ist.
Zynischer Weise wird noch Wert darauf gelegt, die Einzäunung zunächst nur auf den aktuellen Baubereich (als gäbe es da was zu tun) zu begrenzen und erst später zu erweitern, um die "Durchwegung" für die Bevölkerung möglichst lange offen zu halten.
Das ist wirklich sehr großzügig von der Besatzungsmacht und bestimmt ein erholsamer Genuss, zwischen zwei geschlossenen Bauzäunen mit 180cm Höhe spazieren gehen zu dürfen.
Die einzelnen Rodungen sind in den Baumfäll- und Verpflanzungslisten einzelnen Bauausführungen zugeordnet, also welcher Baum steht welchem Vorhaben im Weg.
Man sieht schon deutlich, wie sich die Baustraßen durchs Gelände ziehen werden und wo sie besonders eng werden. Die wegen der Fledermäuse "zurückgestellten" Bäume dürften also schon bald gefällt werden.
Zugeordnet sind insgesamt
• 69 Bäume für Trogbaumaßnahmen
• 47 Bäume für Baueinrichtung und -logistik
• 29 Bäume für Baustraßen
• 50 Bäume für Düker-Bauwerke
• 22 Bäume für die Haltestelle Staatsgalerie
• 2 Bäume für Radweg
Nicht zugeordnet wurden Großsträucher und Bäume, die die Bahn im Park entweder nicht entdeckt hat, oder für nicht relevant hält.
Gegenüber dem Gutachten von Herrn Siegert wird vollständig auf Plattformtechnik verzichtet. Die Auswahl der zu verpflanzenden Bäume orientiert sich anscheinend ausschließlich nach dem Stammdurchmesser. Der Vorteil der Rundspatenmaschinen ist die Möglichkeit eines sofortigen Abtransports.
Auch die Eigentumsverhältnisse scheinen eine Rolle zu spielen. Verpflanzungen finden nur in den Bereichen Trogbaustelle und Kern des MSG statt. Verpflanzbare Bäume außerhalb dieses Bereichs werden gefällt (ZOB, Südausgang Bahnhof, Planetarium, Willy-Brandt-Str).
Es geht hier eindeutig um ein schnelles Fortschreiten der Arbeiten, besonders der Einzäunung. Eine Erhaltung der Parkbäume wird nicht umgesetzt. So kann sich die Bahn einen zweistelligen Millionenbetrag sparen.
Jochen Schwarz, Dipl.-Ing. Landespflege
AK Baumpaten
Heute, den 1.2.2012, hat auch die Kontext:Wochenzeitung online die geplante Rodung des Schlossgartens in einem lesenswerten Beitrag thematisiert: "Ein Garten ohne Bäume" von Sandro Mattioli.
Den dort veröffentlichten farbigen Rodungsplan der DB Projetbau haben wir auch hier gesichert.
Solange unsere Poster-Ecke noch nicht fertig ist, stellen wir druckbare Versionen von Postern in ca DIN A4 mit 300 dpi zu den Artikeln ein (nach und nach). Hier also zum Anklicken oder RechteMaustaste->ZielSpeichernUnter...: